Wie viel Kredit verträgt eine Immobilie?
Die geeignete Höhe der Beleihung einer Immobilie lässt sich nicht pauschal beurteilen. Zugunsten von mehr Liquidität kann ein höherer Kredit vorteilhaft sein.
Eine Immobilienfinanzierung ist eine individuelle Entscheidung und jeder muss für sich selbst die passende Höhe der Beleihung festlegen. Das Risiko hängt unter anderem von der finanziellen Situation des Käufers, der Nutzung der Immobilie und den Konditionen des Kredits ab.
Beim Kauf eines Eigenheims wird der Kredit aus eigenen Mitteln zurückgezahlt. Deshalb ist ein Kredit teuer, weil er aus dem Netto-Einkommen und dem Vermögen getilgt werden muss. Zusätzlich sind noch Zinsen zu bezahlen, die sich nach der Kreditwürdigkeit, der Höhe des Beleihungsauslaufs und der Laufzeit richten. Mehr Eigenkapital ist vorteilhaft, weil ein geringerer Kredit benötigt wird und entsprechend weniger Zinsen zu bezahlen sind. Zudem ist wahrscheinlich kein Verkauf der Immobilie geplant, weshalb eine mögliche Wertsteigerung nicht eingeplant werden sollte.
Wird aus den geschilderten Überlegungen das gesamte Eigenkapital eingesetzt, so ist kein Puffer mehr für unvorhergesehene Ausgaben vorhanden. Dann kommt der Höhe der Beleihung der Immobilie eine große Bedeutung zu, weil die Immobilie das gesamte Vermögen des Käufers darstellt. Wenn der Wert der Immobilie sinkt, sinkt das Bruttovermögen in gleichem Maße und ebenso die Sicherheit der Bank für den Kredit. Daraus ergibt sich, dass ein Kredit in Höhe von 100% des Immobilienwertes, oder gar 107,5% inklusive Nebenkosten, gefährlich ist. Jede ungeplante Ausgabe kann dann zu Zahlungsschwierigkeiten führen.
Ohne Puffer ist es gefährlich
Insofern sollte ein Käufer immer einen Puffer vorsehen, also nicht das gesamte Eigenkapital einsetzen, und prüfen, wie lange die Tilgung des Kredits dauert. Denn wer 80% des Immobilienwertes beleiht, aber mit 8% tilgt, hat den Kredit nach gut zehn Jahren zurückgezahlt. Wer aber nur mit 2% tilgt, hat noch fast 77% des Kredites vor sich, entsprechend rund 61% des aktuellen Immobilienwertes. Wer die Immobilie also mit 80% beleiht, sollte sich daher unbedingt eine höhere Tilgung leisten können. Eine geringere Beleihung als 50% nach rund zehn Jahren zu erreichen ist eine gute Orientierung.
Für Investoren ist die Situation anders, weil der Kredit mit den Mieteinnahmen zurückgezahlt wird. Dadurch erhöht sich das Einkommen des Investors. Dieser Vorteil reduziert sich, wenn die Miete dafür nicht vollständig ausreicht. Ein Investor hat allerdings zusätzliche Risiken, beispielsweise das eines Mietausfalls. Wie hoch er alle Risiken einschätzt, bleibt ihm überlassen. Er sollte diese jedoch zusammen mit der Rendite bewerten, die er mit der Immobilie erzielen möchte.
Sein komplettes Eigenkapital einzusetzen ist daher auch für einen Investor nicht sinnvoll. Und er kann die Rendite auf das Eigenkapital mit einem Kredit steigern, wenn die Mietrendite der Immobilie höher ist als der Zins des Kredites. Der Investor verdient dann mit jedem geliehenen Euro Geld, weil er mehr einnimmt, als er in Form von Zinsen bezahlt. Damit ist die Rendite umso höher, je weniger Eigenkapital er einsetzt. Kommt er komplett ohne Eigenkapital aus, ist die Rendite auf das Eigenkapital sogar über alle Maßen hoch (nicht zu berechnen).
Weniger Immobilie senkt das Risiko
Der Investor muss sich jedoch die Frage stellen, welches Risiko er tragen möchte. Verfügt er über ein Eigenkapital in Höhe von 500.000 Euro, könnte er sich eine Immobilie im Wert von 1.800.000 Euro mit einem Kredit in Höhe von 80% des Wertes der Immobilie leisten. Er muss dann inklusive Nebenkosten 495.000 Euro Eigenkapital einbringen. Nahezu ohne Puffer wäre das Risiko jedoch sehr hoch, selbst wenn die Rendite verlockend aussehen mag.
Die sicherere Alternative ist deshalb eine deutlich kleinere Immobilie im Wert von 450.000 Euro, die er samt Nebenkosten komplett mit seinem Eigenkapital bezahlen könnte. Sein Eigenkapital wäre bei Kosten von 483.750 Euro jedoch ebenfalls fast aufgebraucht (siehe Tabelle, Variante 1a). Das Risiko ist damit zwar kleiner, aber immer noch hoch. Mit einem Kredit in Höhe von 20% des Immobilienwertes kann das Risiko gesenkt werden, weil diese 90.000 Euro als zusätzlicher Liquiditätspuffer vorhanden sind (Variante 1b). Selbst wenn die Zinskosten des Kredits insgesamt betrachtet die Rendite ein wenig schmälern, lohnt sich das. Die Rendite steigt außerdem, wenn das eingesetzte Kapital zugrunde gelegt wird.
Wird die Vermögensbilanz des Investors betrachtet, besteht sein Bruttovermögen dann aus der Immobilie im Wert von 450.000 Euro und dem restlichen Kapital in Höhe von 106.250 Euro. Die Immobilie macht also 81% des Vermögens aus. Warum also nicht den Kredit erhöhen und das Konzentrationsrisiko senken? Die Immobilie mit 60% beleihen (Variante 1c) senkt den Anteil auf nur noch 61%. Ein Kredit in Höhe von 80% senkt den Anteil der Immobilie noch weiter auf 54% (Variante 1d). Aber verändert sich durch die höhere Beleihung der Immobilie das Risiko für den Investor?
Liquidität ist immer wichtig
Solange der Investor auf das restliche Vermögen noch schnell zugreifen kann, ist das nicht der Fall. Er könnte weitere Sicherheiten aus seinem Vermögen bereitstellen, wenn die Bank diese einfordern sollte und der Wert der Immobilie außergewöhnlich stark gefallen ist. Es ist also von Vorteil, dieses Kapital nicht sofort einzubringen, sondern noch verfügbar zu haben. Außerdem sinkt die Höhe des Kredits mit jeder Tilgung. Aber wie verändert sich die Situation, wenn der Investor keine 500.000 Euro liquide hat, sondern beispielsweise nur 50.000 Euro und zusätzlich eine unbelastete Immobilie im Wert von ebenfalls 450.000 Euro (Variante 2)?
Dann könnte er die neue und die vorhandene Immobilie jeweils mit 60% beleihen und hätte insgesamt 540.000 Euro Kredit aufgenommen. Davon wären noch 56.250 Euro als zusätzliche Liquidität vorhanden. Er hätte also die neue Immobilie mehr als voll fremdfinanziert und trotzdem mehr Liquidität. Selbst bei einer Tilgungsrate in Höhe von nur 2% läge zudem die Höhe beider Kredite bereits nach 10 Jahren unter 50% des Wertes der Immobilien. Wichtig ist allerdings, dass der Ertrag der Immobilie die Rückzahlung beider Kredite ermöglicht. Dann erschafft der Investor buchstäblich Vermögen aus dem Nichts.
Das macht deutlich, dass der Einsatz eines Kredites beim Immobilienkauf durchaus vorteilhaft ist. Das Risiko des Kredites wird durch den Anteil des Kredits am gesamten Vermögen bestimmt, nicht durch die Höhe der Beleihung der Immobilie. Wer einen Kreditanteil am Vermögen im Bereich von 30% bis 50% und liquide Mittel hat, braucht sich um mögliche Wertverluste keine Gedanken zu machen. Werden die Kredite regelmäßig getilgt, so kann der Anteil auch ein wenig höher sein und erst am Ende der Zinsbindungsfrist in diesem Bereich liegen.
Die Beleihung einer Immobilie im Wert von 450.000 Euro in Höhe von 80% bei einem Vermögen von 500.000 Euro ist deshalb ein akzeptables Risiko. Gleiches gilt für eine vollständige Finanzierung, wenn eine vorhandene und lastenfreie Immobilie ähnlichen Wertes zusätzlich als Sicherheit für den Kredit eingesetzt werden kann.